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Seniorenvereinigung der Stadt Meppen e.V.

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Besuch der Gedenkstätte Esterwegen

Auf Einladung der Seniorenvereinigung der Stadt Meppen e. V. haben kürzlich 40 Seniorinnen und Senioren aus Meppen die Gedenkstätte Esterwegen besucht. Es handelt sich dabei um den europäischen Gedenkort, der an alle 15 Emslandlager und ihre Opfer erinnert.

Lea Horstmann, Mitarbeiterin der Gedenkstätte, erläuterte den Besuchern sehr kompetent und informativ die Entstehung und Geschichte der Emslandlager sowie der Gedenkstätte. An verschiedenen Beispielen machte sie den schikanösen, brutalen und menschenverachtenden Umgang der Wachleute mit den Gefangenen deutlich. Ab August 1933 inhaftierten die nationalsozialistische Führung und der preußische Staat in dem für 2.000 Häftlinge angelegten Lager Esterwegen vor allem politische Gegner, später auch aus sozialrassistischen und kriminellen Gründen Inhaftierte, und setzten sie zur Zwangsarbeit in der Moorkultivierung ein. Die Häftlinge sprachen hier schon bald von der „Hölle im Moor“. Ab 1939 befanden sich in Esterwegen viele durch Wehrmachtgerichte Verurteilte. Von Mai 1943 bis April 1944 wurden unter strenger Geheimhaltung und scharfer Absonderung im südlichen Teil, dem sogenannten “Lager Süd”, zunächst 1.800, zeitweilig bis zu 2.700 „Nacht-und-Nebel“-Gefangene (Widerstandskämpfer aus Westeuropa) untergebracht. Die Gefangenen wurden völlig isoliert und durften keinerlei Kontakt zur Außenwelt haben.

Beim Rundgang auf dem Außengelände erklärte Horstmann den Seniorinnen und Senioren, dass die Baracken nach 1945 unter anderem als Durchgangslager für “Sowjetzonenflüchtlinge” genutzt wurden, später wurden alle verbliebenen Baracken abgetragen, so dass nur noch Reste einer Treppe sowie von Fundamenten erhalten blieben.

Die Landschaftsgestaltung der Gedenkstätte mache heute die Spuren des früheren Lagers kenntlich und übersetze nicht mehr sichtbare Teile der Lagertopographie durch Stahlelemente in eine moderne Formensprache. Die Standorte der früheren Baracken werden durch „Baumpakete“ visualisiert. Mit der Überschotterung des ehemaligen Häftlingsareals durch Lava soll eine rotbraune Moorlandschaft angedeutet werden. Zudem verbinde der Stahlsteg den historischen Ort des Lagers Esterwegen mit einem benachbarten Moor, das stellvertretend für den Ort der schweren Zwangsarbeit steht.

Immer wieder stellte Horstmann in ihrem Vortrag auch den Bezug zu den Lagern in Fullen und Versen her, deren ehemalige Lagerfriedhöfe heute als Kriegsgräberstätten gepflegt werden.

Im August 1933 wurde im Konzentrationslager Börgermoor das „Lied der Moorsoldaten“ bei einer kulturellen Veranstaltung für die Wachleute uraufgeführt. Das Lied wurde von zwei Häftlingen verfasst und beschreibt zunächst die unmenschliche Behandlung durch die SS-Aufseher. In der letzten Strophe wird dann aber mit der Textzeile „Ewig kann nicht Winter sein! Einmal werden froh wir sagen, Heimat du bist wieder mein“ die Hoffnung auf eine bessere Zeit ausgedrückt. Es wird berichtet, dass die Lagerkommandantur wenige Tage nach der Uraufführung des Liedes den darin formulierten Widerstand erkannte und weitere Aufführungen verboten. Trotzdem stimmten die Häftlinge es auf den langen Märschen ins Moor immer wieder an. Das Lied wurde bald auch in anderen Lagern des NS-Regimes gesungen.

Das NS-Regime unterhielt von 1933 bis 1945 in den heutigen Landkreisen Emsland und Grafschaft Bentheim 15 Konzentrations-, Straf- und Kriegsgefangenenlager. Hier litten bis zu 10.000 KZ Häftlinge, 70.000 Strafgefangene und während des Krieges über 100.000 Kriegsgefangene. Mehr als 20.000 Menschen, vor allem sowjetische Kriegsgefangene, verhungerten, starben an Erschöpfung und körperlichen Misshandlungen oder wurden „auf der Flucht“ erschossen.

Die Existenz der Lager wurde von den Behörden und auch von der Bevölkerung im Emsland lange totgeschwiegen. Erst in den sechziger Jahren haben zwei junge Redakteure der Ems-Zeitung die Geschichte der Emslandlager gegen erheblichen Widerstand recherchiert und öffentlich gemacht. Für ihre historische Aufarbeitung, ohne die es die im Jahr 2011 eröffnete Gedenkstätte Esterwegen wohl nicht geben würde, wurden sie im Januar 2023 mit dem Verdienstkreuz am Bande des niedersächsischen Verdienstordens ausgezeichnet.

Um viele Informationen reicher, aber auch mit einem bedrückenden Gefühl des unermesslichen Leids in den Emslandlagern, machte sich die Gruppe wieder auf den Heimweg.

Text & Foto: Seniorenvereinigung Meppen e.V. / Richard Peters

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